• Nationaler Gedenkort an die Opfer des Lagers Balf
Im Winter 1945/45 mussten Zehntausende Gefangene, die meisten von ihnen Juden aus Budapest, beim Bau des Südostwalls entlang der Westgrenze Ungarns unter deutscher Aufsicht Zwangsarbeit leisten. Eines der Lager war in Balf (deutsch: Wolfs) bei Ödenburg (ungarisch: Sopron). Etwa die Hälfte der Gefangenen starb im Lager, viele andere bei den Todesmärschen nach der Auflösung des Lagers im Frühjahr 1945. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden mehrere Denkmäler in Erinnerung an die Opfer.
Bild:Balf, um 1940, Ansicht des Dorfes, Győri megyei könyvtár
Balf, um 1940, Ansicht des Dorfes, Győri megyei könyvtár

Bild:Balf, 2008, Ansicht des Denkmals, József Bárdics
Balf, 2008, Ansicht des Denkmals, József Bárdics
Das Dorf Balf (deutsch: Wolfs) liegt am Neusiedler See sieben Kilometer südöstlich von Sopron (deutsch: Ödenburg). Während der Endphase des Zweiten Weltkrieges kam dieser Region eine strategische Bedeutung zu. Um das Vorrücken der Roten Armee ins Innere des Deutschen Reiches aufzuhalten, sollte entlang der österreich-ungarischen Grenze die Befestigungslinie »Südostwall« errichtet werden.
Die deutsche Wehrmacht besetzte Ungarn im März 1944. In den darauf folgenden Monaten wurden mithilfe der ungarischen Behörden fast alle Juden des Landes von außerhalb der Hauptstadt Budapest deportiert, vor allem nach Auschwitz-Birkenau. Zu Massendeportationen aus Budapest, in der im Sommer 1944 noch etwa 200.000 Juden lebten, kam es jedoch nicht mehr. Am 15. Oktober 1944 wurde Miklós Horthy als Staatsoberhaupt abgelöst, am Tag darauf übernahmen die faschistischen Pfeilkreuzler unter ihrem Führer Ferenc Szálasi (1897–1946) die Macht. Sie erklärten sich bereit, den Deutschen jüdische Zwangsarbeiter zur Verfügung zu stellen. Sie nahmen Zehntausende Juden fest und verschleppten sie in Richtung Österreich. Allein beim Bau des Südostwalls mussten etwa 30.000 Juden aus Budapest Zwangsarbeit leisten. Untergebracht wurden sie in mehreren Dutzend Lagern entlang des Grenzgebiets, die der Organisation Todt unterstanden. In Balf wurde mit etwa 2.000 Gefangenen eines der größeren Lager errichtet. Ein Teil der Gefangenen dort musste Panzergraben ausheben, andere bei Waldrodungen oder im Steinbruch arbeiten. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren katastrophal, so dass etwa die Hälfte der Gefangenen in Balf umkam.
Im März 1945 sollten die Lager entlang des Südostwalls aufgelöst und die Gefangenen ins KZ Mauthausen überstellt werden. Bei den Todesmärschen waren die Gefangenen Hunger und Kälte schutzlos ausgeliefert. Zudem ermordeten die vor allem aus Jugendlichen bestehenden Wachmannschaften viele Tausende Gefangene grundlos und willkürlich.
Bild:Balf, um 1940, Ansicht des Dorfes, Győri megyei könyvtár
Balf, um 1940, Ansicht des Dorfes, Győri megyei könyvtár

Bild:Balf, 2008, Ansicht des Denkmals, József Bárdics
Balf, 2008, Ansicht des Denkmals, József Bárdics
In Balf wurden etwa 2.000 ungarische Juden gefangen gehalten. Etwa die Hälfte von ihnen starb an Misshandlung, an der schweren Arbeit oder wegen der unmenschlichen Bedingungen. Zu den Opfern zählte auch der Schriftsteller Antal Szerb (1901–1945).
Insgesamt mussten etwa 30.000 Budapester Juden beim Bau des Südostwalls Zwangsarbeit leisten. Tausende kamen bei der Arbeit, in den Lagern oder den Todesmärschen in den letzten Kriegswochen um.
Bild:Budapest, um 1940, Der Schriftsteller Antal Szerb (1901–1945), gemeinfrei
Budapest, um 1940, Der Schriftsteller Antal Szerb (1901–1945), gemeinfrei

Bild:Balf, 2008, Widmung des Denkmals, József Bárdics
Balf, 2008, Widmung des Denkmals, József Bárdics
Die Errichtung des ersten Denkmals in Erinnerung an die jüdischen Opfer des Lagers in Balf wurde durch Spenden ermöglicht, unter anderem von jüdischen Organisationen aus den USA. Das vom Ödenburger Architekten Oszkár Füredi (1890–1978) entworfene Denkmal in Form eines Obelisken wurde 1948 eingeweiht. Es steht in der Nähe eines Massengrabs mit mindestens 100 Toten. Die ungarische und hebräische Inschrift lautet: »In Sichtweite dieses Denkmals sind mehr als 2000 unserer jüdischen Glaubensbrüder dem menschlichen Wahnsinn von 1944 bis 1945 zum Opfer gefallen. Hier ruhen mehr als 100 Märtyrer.«
1968 wurde ein weiteres Denkmal eingeweiht. Das zentrale Element des von János Fodor gestalteten Denkmals war ein Bronzerelief, das den Todesmarsch der Zwangsarbeiter darstellte. Bei diesem Denkmal wurde der Schriftsteller Antal Szerb, der im Januar 1945 in Balf an den Mißhandlungen starb, namentlich erwähnt. Das Bronzerelief wurde 2005 von Metalldieben gestohlen. Daraufhin wurde das Denkmal abgebaut.
Als Ersatz des zerstörten Denkmals wurde 2008 ein Nationaler Gedenkort nach Plänen des Architekten Barnabás Winkler und des Bildhauers László Kutas eingeweiht. Gleichzeitig wurde der Gedenkstein aus dem Jahr 1948 restauriert. Das Denkmal besteht aus mehreren symbolischen Grabsteinen, die sich immer stärker in Richtung des Obelisken neigen und schließlich auf den Boden fallen. Ein Objekt aus dem abgerissenen Denkmal, ein Gedenkstein in Form eines aufgeschlagenen Buchs, wurde an der Mauer neben dem Obelisken angebracht. Das Zitat von Antal Szerb lautet: »Freiheit ist nicht nur Privatsache einer Nation, sondern Sache der ganzen Menscheit«.
Bild:Balf, 2008, Nationaler Gedenkort, József Bárdics
Balf, 2008, Nationaler Gedenkort, József Bárdics

Bild:Balf, 2008, Ansicht des Denkmals mit Burgkirche, József Bárdics
Balf, 2008, Ansicht des Denkmals mit Burgkirche, József Bárdics
Bild:Balf, 2010, Ansicht des Denkmals mit der Burgkirche und dem Obelisk aus dem Jahr 1948, Erzsébet Szabolcs
Balf, 2010, Ansicht des Denkmals mit der Burgkirche und dem Obelisk aus dem Jahr 1948, Erzsébet Szabolcs
Bild:Balf, 2002, Das später zerstörte Denkmal aus dem Jahr 1968, József Bárdics
Balf, 2002, Das später zerstörte Denkmal aus dem Jahr 1968, József Bárdics
Bild:Balf, 2010, Das 1948 errichtete Denkmal, Erzsébet Szabolcs
Balf, 2010, Das 1948 errichtete Denkmal, Erzsébet Szabolcs
Bild:Balf, 2010, Gedenktafel beim Denkmal mit einem Zitat von Antal Szerb, Erzsébet Szabolcs
Balf, 2010, Gedenktafel beim Denkmal mit einem Zitat von Antal Szerb, Erzsébet Szabolcs
Name
Nemzeti Emlékhely a balfi táborban elpusztult kényszermunkások emlékére
Adresse
Fő utca, Szent Farkas vártemplom
9494 Balf
Öffnungszeiten
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.