• Erinnerung an die ermordeten Juden von Proskurow
In der ukrainischen Großstadt Chmelnyzkyj, die bis 1954 Proskurow (ukrainisch: Proskuriw, Polnisch: Płoskirów) hieß, erinnern mehrere Denkmäler an die ermordeten Juden der Stadt.
Bild:Proskurow, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei
Proskurow, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei

Bild:Chmelnyzkyj, 2017, Eingang zur Gedenkanlage, Chesed Bescht
Chmelnyzkyj, 2017, Eingang zur Gedenkanlage, Chesed Bescht
Proskurow, in der historischen Region Podolien am Ufer des Südlichen Bugs gelegen, wurde 1431 gegründet. Juden siedelten dort ab dem 17. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Proskurow zu einem bedeutenden Handelszentrum. 1897 war etwa die Hälfte der Einwohner jüdisch. In den Wirren nach der Oktoberrevolution 1917 wurden 1.600 Juden bei antijüdischen Pogromen ermordet. 1939 zählte die Stadt um die 14.500 Juden, was etwa 39 Prozent der Einwohner entsprach.
Die deutsche Wehrmacht besetzte die Stadt am 8. Juli 1941. Etwa 2.500 Juden flohen zuvor in das Innere der Sowjetunion. Die deutschen Besatzer zwangen die Juden, ihre Wertsachen abzugeben, Kennzeichnung zu tragen und einen Judenrat zu bilden, um die deutschen Befehle auszuführen. Als Vorsitzende des Judenrats bestimmten sie eine Frau, Lisa Lindenbojm. Sie ging oft handgreiflich gegen Juden vor, wenn sie sich deutschen Befehlen widersetzten. Anfang September mussten alle Juden in ein Ghetto umziehen. Es lag am östlichen Stadtrand, war von einem Stacheldrahtzaun umgeben und von ukrainischen und litauischen Polizisten bewacht. In den folgenden Wochen zogen auch Juden aus umliegenden Orten dort ein, um sich vor antijüdischen Ausschreitungen durch die lokale Bevölkerung zu schützen.
Am 4. November 1941 erschoss das Einsatzkommando 6 der Einsatzgruppe C einen Großteil der Ghettoeinwohner an einer Senke im Osten der Stadt. Bis Jahresende war das Ghetto ausgelöscht.
Alle Juden, die von der »Aktion« verschont blieben, mussten in ein neues Ghetto umsiedeln. Etwa 3.000 jüdische Arbeiter und ihre Familien hausten dort und verrichteten schwere Zwangsarbeit. Im Mai 1942 gründeten die deutschen Besatzer ein weiteres Ghetto in Lesnewo fünf Kilometer östlich der Stadt. Die Juden arbeiteten am Bau von Straßen und der zentralen Eisenbahnstation für die »Organisation Todt«. Ende November und Anfang Dezember erschossen die Deutschen fast alle Juden der beiden Ghettos und erklärten das Gebiet für »judenfrei«.
Bild:Proskurow, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei
Proskurow, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei

Bild:Chmelnyzkyj, 2017, Eingang zur Gedenkanlage, Chesed Bescht
Chmelnyzkyj, 2017, Eingang zur Gedenkanlage, Chesed Bescht
Mitte Juli 1941 erschoss das Sonderkommando 4b, das sich für wenige Tage in der Stadt aufhielt, nach eigenen Angaben 146 »Kommunisten«. Unter ihnen waren auch Juden. Zwischen dem 19. August 1941 und Anfang September 1941 erschoss das Polizeibataillon 320 mehrere hundert Juden.
Viele Einwohner des Ghettos kamen aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen dort um, andere wurden von Mitgliedern der lokalen und der deutschen Polizeieinheiten ermordet.
Während der Großaktion« am 4. November 1941 ermordete das Einsatzkommando 6 der Einsatzgruppe C unter dem Kommando des SS-Obersturmführers Theodor Salmanzig etwa 5.300 Juden. Zur gleichen Zeit ermordeten die Männer weitere 2.500 Juden aus umliegenden Orten.
Am 30. November 1942 erschossen Mitglieder des SD zusammen mit lokalen und deutschen Polizeieinheiten alle Einwohner des zweiten Ghettos, etwa 6.000 Juden. Einige Juden leisteten dabei vergeblich Widerstand.
Bild:Chmelnyzkyj, o.D., Die 1991 abgerissene Ruine der Großen Choralsynagoge, gemeinfrei
Chmelnyzkyj, o.D., Die 1991 abgerissene Ruine der Großen Choralsynagoge, gemeinfrei

Bild:Chmelnyzkyj, 2017, Jüdischer Friedhof, Chesed Bescht
Chmelnyzkyj, 2017, Jüdischer Friedhof, Chesed Bescht
Proskurow wurde am 25. März 1944 von der Roten Armee befreit. Einige Juden kehrten nach dem Krieg in die Stadt zurück und errichteten ein Denkmal für die ermordeten Juden an den Massenerschießungsstätten im Nordosten der Stadt. Anfangs sprach die Inschrift noch von jüdischen Opfern, sie wurde in den 1960er Jahren jedoch geändert, die jüdische Identität der Opfer wurde fortan verschwiegen. Erst seit den 1990er Jahren nennt die Inschrift ausdrücklich Juden als Opfer.
Heute befindet sich an den Massenerschießungsstätten die Gedenkanlage »Strahlende Seelen« mit mehreren Denkmälern und Gedenktafeln, errichtet und finanziert von der jüdischen Gemeinde Chmelnyzkyjs und des gemeinnützigen Fonds »Khesed Besht«. Außerdem richteten sie im jüdischen Gemeindezentrum »Tichija« ein Museum in Erinnerung an die Opfer des Holocaust ein und kümmern sich um den Erhalt des jüdischen Friedhofs, der ebenfalls zur Gedenkanlage gehört. Jährlich findet auf dem Gelände eine Gedenkfeier statt. 2009 wurde an einem Gebäude eine Gedenkplatte angebracht, das an den ehemaligen historischen jüdischen Friedhof erinnert, der einst an dieser Stelle stand.
Von den zahlreichen Gotteshäusern und jüdischen Einrichtungen, die Anfang des 20. Jahrhunderts zur jüdischen Gemeinde gehörten, befindet sich nur noch eine Synagoge im Besitz der jüdischen Gemeinde, die heutzutage noch etwa 2.000 Mitglieder hat. Die Synagoge wurde 2009 restauriert.
Bild:Chmelnyzkyj, 2014, Bau der Gedenkanlage, Chesed Bescht
Chmelnyzkyj, 2014, Bau der Gedenkanlage, Chesed Bescht

Bild:Chmelnyzkyj, 2017, Gedenkanlage »Strahlende Seelen«, Chesed Bescht
Chmelnyzkyj, 2017, Gedenkanlage »Strahlende Seelen«, Chesed Bescht
Name
Memorial Zhertwam Holokostu
Adresse
wul. Silskohospodarska
29000 Chmelnyzkyj
Telefon
+ 38(382) 702 054
Fax
+ 38(382) 702 054
Web
www.hesedbesht.org.ua
E-Mail
hesedbesht@ukr.net