• Erinnerung an die Vernichtungsstätte Bronnaja Gora
In dem belarussischen Dorf Bronnaja Gora erinnern zwei Denkmäler an die etwa 50.000 Menschen, die hier 1942 ermordet wurden.
Bild:Bronnaja Gora, 2012, Nebengleis zu den Erschießungsstätten, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Nebengleis zu den Erschießungsstätten, Avner

Bild:Bronnaja Gora, 2012, Belarussische Inschrift auf dem 1992 aufgestellten Gedenkstein, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Belarussische Inschrift auf dem 1992 aufgestellten Gedenkstein, Avner
Das Dorf Bronnaja Gora (belarussisch: Bronnaja Hara, polnisch: Bronna Góra) etwa 120 km nordöstlich von Brest (deutsch auch: Brest-Litowsk) auf dem Weg nach Minsk gelegen, gehörte vor 1939 zu Polen. Im September 1939 wurde die Region aufgrund des Hitler-Stalin-Pakts der Sowjetunion angegliedert, bis sie nach dem deutschen Angriff im Juni 1941 innerhalb von wenigen Tagen von der Wehrmacht erobert wurde.
Nachdem deutsche Einheiten im Sommer 1941 bereits viele tausende Juden in der Region ermordet hatten, richteten die Besatzungsbehörden gegen Ende 1941 in vielen größeren Städten Ghettos ein, so auch in Brest. Im Frühjahr 1942 gingen sie dazu über, die Bewohner der Ghettos durch Massenerschießungen zu ermorden.
Vermutlich im Mai und Juni 1942 wurde in Bronnaja Gora eine Vernichtungsstätte in der Nähe der Eisenbahnlinie Brest–Minsk eingerichtet. Hunderte Zivilisten aus der Umgebung wurden zwangsverpflichtet, acht über 60 Meter lange, bis zu sechs Meter breite und etwa vier Meter tiefe Gruben auszuheben.
Zwischen Juni und November 1942 kamen in Bronnaja Gora regelmäßig Züge an, deren Insassen ermordet wurden. Genaue Daten über die Anzahl der Ermordeten und deren Herkunft sind nicht überliefert. Als gesichert gilt, dass viele Züge mit mehreren Tausend Opfern direkt aus Brest ankamen, so mindestens 15.000 Juden am 15./16. Oktober 1942. Andere Opfer stammten vermutlich aus Städten wie Pinsk oder dem nahegelegenen Bereza. In der überwiegenden Mehrzahl waren die Ermordeten Juden. Die Täter waren Angehörige der KdS-Dienststelle Brest, diverse Gendarmerie- und Polizeieinheiten sowie wahrscheinlich Kollaborateure anderer Nationalitäten.
Als sich die Niederlage im Krieg abzeichnete, gingen die Deutschen dazu über, ihre Spuren zu verwischen. Im März 1944 wurden etwa 100 Personen gezwungen, die Massengräber zu öffnen und die bereits stark verwesten Leichen zu verbrennen. Anschließend wurden diese Zwangsarbeiter ebenfalls ermordet und ihre Leichen verbrannt.
Bild:Bronnaja Gora, 2012, Nebengleis zu den Erschießungsstätten, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Nebengleis zu den Erschießungsstätten, Avner

Bild:Bronnaja Gora, 2012, Belarussische Inschrift auf dem 1992 aufgestellten Gedenkstein, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Belarussische Inschrift auf dem 1992 aufgestellten Gedenkstein, Avner
Da so gut wie keine Dokumente zur Vernichtungsstätte Bronnaja Gora überliefert sind, können Historiker die Anzahl der Opfer nur annähernd bestimmen. Aufgrund der Größe der Gruben und der nach Zeugenaussagen geschätzten Anzahl der Züge ist es wahrscheinlich, dass über 50.000 Kinder, Frauen und Männer in Bronnaja Gora ermordet wurden, in ihrer Mehrzahl Juden. Mindestens 15.000 von ihnen stammten aus dem Ghetto Brest, sie wurden am 15. und 16. Oktober 1942 ermordet. Ob auch Juden aus anderen Ländern oder auch andere Opfergruppen wie Kriegsgefangene, Partisanen oder politische Gefangene unter den Opfern waren, ist nicht geklärt.
Bild:Bronnaja Gora, 2012, Viersprachige Inschrift des zentralen Denkmals, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Viersprachige Inschrift des zentralen Denkmals, Avner

Bild:Bronnaja Gora, 2012, Der 2002 aufgestellte Gedenkstein erwähnte erstmals jüdische Opfer, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Der 2002 aufgestellte Gedenkstein erwähnte erstmals jüdische Opfer, Avner
Die Rote Armee befreite das Gebiet um Bronnaja Gora im Sommer 1944. Bald darauf untersuchte eine sowjetische Sonderkommission die ehemalige Mordstätte. Sie befragte Anwohner und führte Ausgrabungen durch, bei der massenweise menschliche Überreste gefunden wurden.
Danach geriet die Vernichtungsstätte Bronnaja Gora in Vergessenheit. Obwohl es sich bei ihr um eine zentrale Mordstätte gehandelt hatte, wurden nach dem Krieg weder die Massengräber umzäunt noch ein Gedenkort geschaffen. Lediglich überlebende Juden aus Brest interessierten sich für den Ort und besuchten ihn gelegentlich.
Erst gegen Ende der 1980er Jahre fanden sich einige jüdische und nichtjüdische Aktivisten, die für die Errichtung eines Erinnerungszeichens eintraten. Sie wurden von Angehörigen aus Israel unterstützt, vor allem nach der Auflösung der Sowjetunion 1991.
Ein erster Gedenkstein wurde 1992 eingeweiht. Er befindet sich neben dem stillgelegten Nebengleis, bei dem sich die Massengräber befinden. Auf der Tafel ist von »50.000 von Hitler-Faschisten ermordeten Sowjetbürgern« die Rede. Um 2007 wurde dieser Gedenkstein um eine Tafel ergänzt, die erstmals ausdrücklich auf jüdische Opfer hinwies.
Etwa 100 Meter weiter wurde 1994 ein weiteres, größeres Denkmal eingeweiht. In fünf Meter Höhe ist eine Glocke zwischen Metallsäulen angebracht, die an Eisenbahnschienen erinnern. Die Inschrift der Gedenktafel in belarussischer, hebräischer, jiddischer und englischer Sprache lautet: »In Erinnerung an die 50.000 Bürger jüdischer Nationalität aus der Sowjetunion und Westeuropa, die in der Zeit des Holocaust während des Großen Vaterländischen Krieges 1941–1945 durch die Nazis ermordet wurden.«
Bild:Bronnaja Gora, 2012, Gedenksteine, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Gedenksteine, Avner

Bild:Bronnaja Gora, 2012, Das 1994 eingeweihte zentrale Denkmal, Avner
Bronnaja Gora, 2012, Das 1994 eingeweihte zentrale Denkmal, Avner
Name
Pamjat' mesta unitschtozhenija Bronnaja Gora