• Gedenken an die Opfer des Kriegsgefangenenlagers Stalag 352
In der belarussischen Hauptstadt Minsk erinnert seit 1964 eine Gedenkanlage mit 60 eingefassten Grabstätten an die bis zu 80.000 sowjetischen Kriegsgefangenen, die zwischen Juli 1941 und August 1944 im Stalag 352 umgekommen sind.
Bild:Minsk, 2. Juli 1941, Sowjetische Kriegsgefangene unter deutscher Bewachung, Bundesarchiv, Bild 146-1982-077-11
Minsk, 2. Juli 1941, Sowjetische Kriegsgefangene unter deutscher Bewachung, Bundesarchiv, Bild 146-1982-077-11

Bild:Minsk, 2016, Zentrales Denkmal am Kriegsgefangenenfriedhof, Stiftung Denkmal
Minsk, 2016, Zentrales Denkmal am Kriegsgefangenenfriedhof, Stiftung Denkmal
Nach schweren Zerstörungen durch Kampflieger besetzte die Wehrmacht am 28. Juni 1941 Minsk. Bei der Kesselschlacht um die belarussische Hauptstadt waren Zehntausende Soldaten der Roten Armee in Gefangenschaft geraten. Für die Unterbringung von etwa 100.000 Kriegs- und 40.000 Zivilgefangenen richtete die Militärverwaltung an der Eisenbahnverbindung Minsk–Molodetschno Anfang Juli 1941 das Stalag 352 ein. Das Lager bestand aus zwei Teilen: dem Waldlager nahe dem Dorf Masjukowschtschina und dem Stadtlager in Minsk auf einem früheren Militärgelände. Nach ihrer Ankunft wurden Kommandeure, politische Kommissare und vor allem Juden »ausgesondert« und erschossen. Das Stalag 352 nahm Gefangene aus praktisch allen Abschnitten der deutsch-sowjetischen Front auf und diente auch als Durchgangsstation auf dem Weitertransport etwa in das besetzte Polen oder das Deutsche Reich.
Die 21 Holzbaracken waren hoffnungslos überbelegt, 80 Prozent der Gefangenen hausten im Freien – auch im harten Winter 1941/42 bei bis zu minus 30 Grad. Weder war für sanitäre Einrichtungen gesorgt noch erhielten die Häftlinge ausreichend Nahrung. Willkürliche Prügelstrafen und Erschießungen waren an der Tagesordnung. Krankheiten brachen aus. Zwischen Dezember 1941 und März 1942 starben täglich bis zu 500 Soldaten. Bis März 1942 starben im Waldlager 55.000 Rotarmisten; im Stadtlager kamen bis Januar 1942 10.000 um.
Da die deutschen Besatzer ihre Arbeitskraft benötigten, wurden ab dem Sommer 1942 alle Überlebenden in Baracken untergebracht, die Bedingungen besserten sich. Von den ursprünglich bis zu 140.000 Häftlingen waren im Sommer 1942 noch bis zu 10.000 übrig, im Sommer 1943 lag die Zahl bei 5.000 bis 6.000 und im Januar 1944 bei etwa 5.000. Im Herbst 1943 – nach dem Ausscheiden Italiens aus dem Bündnis mit Hitler-Deutschland – wurden 5.000 italienische Militärinternierte in das Stalag 352 eingewiesen. Nur 98 von ihnen erlebten die Rückeroberung Minsks durch die Rote Armee im Sommer 1944.
Bild:Minsk, 2. Juli 1941, Sowjetische Kriegsgefangene unter deutscher Bewachung, Bundesarchiv, Bild 146-1982-077-11
Minsk, 2. Juli 1941, Sowjetische Kriegsgefangene unter deutscher Bewachung, Bundesarchiv, Bild 146-1982-077-11

Bild:Minsk, 2016, Zentrales Denkmal am Kriegsgefangenenfriedhof, Stiftung Denkmal
Minsk, 2016, Zentrales Denkmal am Kriegsgefangenenfriedhof, Stiftung Denkmal
Im Spätsommer 1941 befanden sich im Stalag 352 bis zu 140.000 Häftlinge – Rotarmisten und Zivilisten, von denen bis Juli 1944 etwa 80.000 umkamen. Von den 5.000 italienischen Militärinternierten, die im Herbst 1943 eingeliefert wurden, erlebten lediglich 98 ihre Befreiung durch die Rote Armee im Sommer 1944.
Bild:Minsk, 2016, Steinerne Replik des Buches mit den Namen der Opfer, Stiftung Denkmal
Minsk, 2016, Steinerne Replik des Buches mit den Namen der Opfer, Stiftung Denkmal

Bild:Minsk, 2016, Eines der Massengräber, Stiftung Denkmal
Minsk, 2016, Eines der Massengräber, Stiftung Denkmal
Ab Herbst 1944 wurden die Massengräber der bis zu 80.000 Toten des Stalag 352 in einen würdigen Zustand gebracht. Quellen berichten, dass sich dort zeitweilig auch ein Lager für Kriegsgefangene der Wehrmacht befunden hat.
Aus Anlass des 20. Jahrestages der Befreiung der Stadt Minsk am 3. Juli 1964 entstand auf dem Gelände des Waldlagers des Stalag 352 eine eingezäunte Gedenkanlage mit einer Ewigen Flamme, 60 eingefassten Grabstätten und einem Pavillon, in dem ein Erinnerungsbuch mit 9.425 Namen sowjetischer Kriegsgefangener auslag. Seitdem finden jährlich Gedenkveranstaltungen statt – am 9. Mai, dem »Tag des Sieges«, und am 3. Juli, dem Tag der Befreiung Minsks und heutigen belarussischen Nationalfeiertag der Unabhängigkeit. Hinter Glas liegt mittlerweile eine steinerne Replik des Buches. Seiten aus dem Original mit Opfernamen werden als Dauerprojektion im Staatlichen Museum des Großen Vaterländischen Krieges in Minsk gezeigt. Ergänzende Informationen am historischen Ort fehlen, ebenso wie ein Hinweis auf die italienischen Opfer.
Etwa neun Kilometer weiter östlich, mitten in einem Wohngebiet erinnert ein Denkmal am ehemaligen Standort des Stadtlagers an die Opfer.
Bild:Minsk, 2016, Ansicht des Friedhofs, Stiftung Denkmal
Minsk, 2016, Ansicht des Friedhofs, Stiftung Denkmal

Bild:Minsk, 2016, Denkmal am ehemaligen Standort des Stadtlagers, Sabrina Bobowski
Minsk, 2016, Denkmal am ehemaligen Standort des Stadtlagers, Sabrina Bobowski
Name
Мемориал-кладбище жертвам концлагеря »Шталаг-352«
Adresse
ul. Zimirazjewa 86
220000 Minsk
Öffnungszeiten
Die Gedenkanlage und das Denkmal am Ort des Stadtlagers sind jederzeit zugänglich.